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Kissing-Spines-Syndrom beim Pferd
Rückenbeschwerden, ausgelöst durch das sogenannte Kissing-Spines-Syndrom, zählen zu den häufigsten orthopädischen Erkrankungen des Pferdes. Dabei kommt es zu einer Verengung des Spaltes zwischen den Dornfortsätzen im Bereich der Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule des betroffenen Patienten. Das führt zu einer Veränderung der Knochenkontur und/oder -struktur oder zu Knochenzubildungen an den Dornfortsätzen selbst. PFERD+SPORT hat sich mit der Pferdeklinik Bargteheide über die Entstehung, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten des Kissing-Spines-Syndroms unterhalten.
PFERD+SPORT: Wodurch entsteht ein Kissing-Spines-Syndrom? Handelt es sich dabei um eine angeborene Schwachstelle oder entsteht es durch „falsches Reiten“?
Pferdeklinik Bargteheide: Die Ursache der Erkrankung lässt sich nicht eindeutig beantworten. Zur Entstehung des Syndroms existieren verschiedene Theorien. Zum einen wird angenommen, dass besonders Pferde mit einem anatomisch kurz gehaltenen Rücken, Tiere mit knöchernen Ausziehungen im Bereich der Dornfortsätze sowie bei einer weichen Rückenlinie im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich betroffen sind. Ebenso wird ein unverhältnismäßiges hohes Reitergewicht als mögliche Ursache diskutiert. Jedoch werden die sogenannten überlappenden Dornfortsätze auch bereits bei ungerittenen Pferden nachgewiesen.
PFERD+SPORT: Welche typischen Anzeichen zeigt ein Pferd mit Kissing-Spines-Syndrom?
Pferdeklinik Bargteheide: Die ersten Anzeichen, dass das Pferd unter Rückenbeschwerden in Folge des Kissing-Spines-Syndroms leidet, sind meist unspezifisch. Die Besitzer solcher Patienten berichten häufig von Schmerzreaktionen beim Satteln oder Reiten, es kann zu Veränderungen des Verhaltens sowie zum schwunglosen Gangbild kommen. Nicht selten wird ein allgemeiner Leistungsabfall des Tieres beschrieben. Weitere Symptome können Schweifschlagen, Anlehnungsschwierigkeiten, Blockieren, Steigen oder Buckeln sein.
PFERD+SPORT: Welche Diagnosemöglichkeiten, aber auch Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Bedeutet die Diagnose Kissing-Spines-Syndrom, dass ein Pferd nicht mehr geritten werden darf?
Pferdeklinik Bargteheide: Die Diagnose des Kissing-Spines-Syndroms erfolgt in mehreren Schritten. An erster Stelle steht eine klinische Untersuchung des Patienten. Diese umfasst den Vorbericht durch den Besitzer sowie die Adspektion und Palpation des Pferdes. Im Anschluss erfolgt eine orthopädische Betrachtung des Gangbildes. Bereits hier können erste Hinweise den Verdacht auf vorhandene Rückenbeschwerden des Pferdes bekräftigen. Zu den weiteren Verfahren, die zur Diagnose führen, zählen die röntgenologische Untersuchung sowie die Szintigraphie. Jedoch ist die Aussagekraft der Röntgenbilder begrenzt, da hier nur Umbauprozesse des Knochens dargestellt werden können, jedoch nicht zwischen einem akuten und somit schmerzhaften oder bereits chronischen Geschehen unterschieden werden kann. Um diese Aussage treffen zu können, ist die Kombination aus der röntgenologischen und szintigraphischen Untersuchung das Mittel der Wahl.
Neben den bereits vorab erwähnten Untersuchungsmethoden lässt sich die Diagnose unter Umständen außerdem durch eine sogenannte Infiltrationsanästhesie absichern. Hierbei wird dem Patienten ein Lokalanästhetikum im betroffenen Bereich injiziert, wodurch es zu einer Schmerzausschaltung kommt.
Zur Behandlung des Kissing-Spines-Syndroms stehen uns verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Man unterscheidet zwischen den konservativen und chirurgischen Therapiemethoden.
Die konservative Therapie umfasst die medikamentöse Therapie, manuelle Therapie (Chiropraktik, Physiotherapie), Akupunktur, Stoßwellenbehandlung sowie Muskelaufbau und Bewegungsprogramme. Die Indikation einer chirurgischen Therapie bedarf vorab einer eingehenden Prüfung. Hier werden die betroffenen Dornfortsätze chirurgisch verkleinert, um die Abstände zu vergrößern.
Eine exakte Prognose hinsichtlich der Nutzbarkeit als Reitpferd lässt sich in den meisten Fällen nicht stellen, da diese von vielen Faktoren wie dem Ausmaß und der Dauer der Erkrankung, sowie dem Alter und dem Verwendungszweck des Pferdes abhängig ist.
PFERD+SPORT: Wie kann der Besitzer ein Pferd mit Kissing-Spines-Syndrom unterstützen, worauf sollte geachtet werden?
Pferdeklinik Bargteheide: Um die Rückengesundheit des Pferdes zu unterstützen, sollten Losgelassenheit, Vorwärts-Abwärts-Reiten, sowie der Aufbau einer belastbaren Rückenmuskulatur im Vordergrund stehen. Diese erreichen wir am besten durch abwechslungsreiches Training in Form von Kletterarbeit im Gelände und Arbeit über Stangen und Cavaletti. Auch der Weidegang stellt ein wichtiges Instrument dar, da das Pferd hier in natürlicher Haltung beim Grasen den Rücken aufwölbt.
Die Belastung sollte dem Alter und Trainingszustand des Tieres angepasst sein und auch die regelmäßige Kontrolle der Passform des Sattels spielt eine wichtige Rolle und sollte nicht vernachlässigt werden.
Über die Pferdeklinik Bargteheide
Die Pferdeklinik Bargteheide bietet mit über 50 Mitarbeitern Pferdemedizin auf höchstem Niveau und die bestmögliche medizinische Versorgung von Pferden. Auf dem weitläufigen Areal der Klinik gibt es neben 72 Boxen großzügige Räumlichkeiten und vielfältige Diagnosemöglichkeiten auf dem neuesten Stand der Medizintechnik.
Weitere Informationen zur Pferdeklinik Bargteheide gibt es unter www.pferdeklinik-bargteheide.de