Im Fokus
Lange bevor Sie diesen Text lesen, haben Sie sich entschieden, ein Fohlen aus der eigenen Stute zu ziehen. Unabhängig von ihrer züchterischen Vorstellung geht es also im Kern darum: Im Jahr auf die Besamung ihrer Stute folgend soll ein gesundes Fohlen zur Welt kommen. Und genau in der Umsetzung dieses Vorhabens liegt die fachliche Kompetenz ihres Tierarztes.
Entscheidend ist zuallererst, dass ihre Stute allgemeingesund und (weitestgehend) geschlechtsgesund ist. In einem idealen Szenario verfügt die potenzielle Kandidatin weiterhin nicht nur über ein makelloses Exterieur, beste Charaktereigenschaften und eine exquisite Abstammung, sondern wartet darüber hinaus ebenso mit einer beachtlichen Eigen-, Stammes- sowie Nachkommenleistung auf. Liegt für ihre Stute eine Zuchtbescheinigung (im Equidenpass) vor, können Sie in Zeiten liberaler Zuchtverbände in Sachen Eintragungsmöglichkeiten des Fohlens aus dem Vollen schöpfen. Auch wenn Sie beim Zuchtwert ihrer Stute keine oder nur kleine Abstriche machen müssen, werden Sie früher oder später erkennen, dass Sie Idealist sind. Trotz einer vermeintlich soliden Grundlage ist das Resultat häufig von Zufall und Glück bestimmt. Nichtsdestotrotz sollten Sie wissen, was Sie an ihrer Stute schätzen und warum Sie ein Fohlen aus ihr ziehen wollen.
Den richtigen Hengst aussuchen
Wahrscheinlich haben Sie auch schon ein Auge auf den Hengst ihrer Wünsche geworfen. Wenn nicht, bieten Zuchtwertschätzungen, lineare Beschreibungen, der Kontakt zu den Zuchtberatern der Zuchtverbände und Hengsthaltern objektive Entscheidungshilfe in absteigender Reihenfolge. Um das Pferd weiter von vorne aufzuzäumen, informieren Sie sich unverbindlich beim potenziellen Zuchtverband über die Möglichkeit, ob es für das Fohlen aus ihrer Wunschanpaarung denn überhaupt ein „volles Papier“ gäbe. Seien Sie nicht gekränkt, wenn der auserkorene Zuchtverband Ihren Traumhengst nicht als Veredler anerkennt.
Hengstsamen ist heutzutage in verschiedenen Konfektionierungen erhältlich. Neben der Ausnahme Natursprung ist der Samen entweder frisch gekühlt oder tiefgefroren zu beziehen. Hier ist guter Rat teuer und ein versierter, in der Gynäkologie tätiger Tierarzt gefragt. Nicht jede Stute ist für die aufwendigere Besamung mit Tiefgefriersamen geeignet. Andersherum eignet sich so mancher Versandsamen gar nicht für den vorgesehenen Zweck seiner Herstellung – der Besamung. Je stärker ihr Fokus auf der Fruchtbarkeit des Hengstes liegt, desto einfacher gelingt eine Trächtigkeit auf Anhieb.
Zuchttauglichkeitsuntersuchung der Stute
Damit ihre Stute also schon gleich zu Beginn der Decksaison tragend wird und bleibt, hat ihr Tierarzt sie zuvor einer kritischen Zuchttauglichkeitsuntersuchung unterzogen und für den normalen Zuchteinsatz als brauchbar befunden. Unabhängig vom oben beschriebenen Zuchtwert beleuchtet die Untersuchung die gesundheitliche und geschlechtliche Eignung des Pferdes und deckt klinisch erkennbare Erbfehler auf. Insbesondere das Alter der Stute steht in enger Korrelation mit ihrer Fruchtbarkeit. Nicht jünger als drei Jahre sollte diese zu Beginn der Zuchtnutzung sein. Mit sieben bis acht Jahren erreicht sie ihr Fertilitätsoptimum, um mit ungefähr 15 Jahren deutliche Einbußen in Sachen Fruchtbarkeit erkennen zu lassen. Eine eigene Trächtigkeit ausschließende Faktoren können unter anderem starke, chronische Lungenschäden (Dämpfigkeit) oder schwerwiegende Lahmheiten sein. Zu den äußerlich erkennbaren Erbfehlern zählen beispielsweise Nabelbrüche, deutliche Gebissveränderungen oder starke Fehlstellungen der Gliedmaßen. Des Weiteren untersucht ihr Tierarzt die eigentlichen Fortpflanzungsorgane im Speziellen. Im Rahmen dieser Untersuchung erfolgt auch eine (wiederholte) Zykluskontrolle, die Gebärmutterschleimhaut der rossigen Stute wird auf eine unerwünschte Besiedlung krankmachender Keime hin untersucht (Tupfer) oder es werden weiterführende gynäkologische (zum Beispiel Biopsie) oder genetische Untersuchungen (zum Beispiel Fragile Foal Syndrome) veranlasst. Einzelne dieser Defizite lassen sich verbessern oder gänzlich beseitigen. So kann ein schlechter Schamschluss chirurgisch korrigiert oder eine Streptokokken-Infektion des Uterus behandelt werden. Nicht behebbare Mängel an den austragenden Organen einer zuchtuntauglichen Stute lassen sich durch heutige Reproduktionstechniken wie beispielsweise dem Embryotransfer clever umgehen.
Deckschein und Verbandsmitgliedschaft
Letztlich kann anhand der zusammengetragenen Informationen zu Stute und Wunschhengst der (finanzielle) Aufwand des Unterfangens sehr gut abgeschätzt werden. Und dennoch läuft es oft auf eins hinaus: Ausprobieren! Für die beabsichtigte Bedeckung erhalten Sie als Neuzüchter ohne registrierte Stute und Verbandsmitgliedschaft erst mal einen Blanko-Deckschein vom Hengsthalter. Trägt die Arbeit sprichwörtlich Früchte und die Stute ist (mehrfach) tragend untersucht worden, werden Sie zum Ende der Decksaison (online) Mitglied im passenden Zuchtverband. Diesem wird dann auch der Deckschein durch den Hengsthalter übermittelt und Sie erhalten als ordentlicher Neuzüchter eine Abfohlmeldung zurück. Führt ihre Stute dann nach Monaten des Wartens und der Vorfreude im folgenden Jahr ein gesundes und kräftiges Fohlen bei Fuß, nutzen Sie die Gelegenheit, auf einer Fohlenschau Ihres Verbandes sowohl die Stute als auch das Fohlen registrieren zu lassen.
Checkliste der FN: Zuchtbescheinigung und Eintragung
- Soll eine Stute zur Zucht eingesetzt werden, muss sie bei einem Zuchtverband angemeldet sein. Die Anmeldung muss spätestens im Jahr der Geburt des Fohlens erfolgen, Züchter können daher auch Stute und Fohlen zusammen eintragen lassen.
- Für die Erstanmeldung gibt es Eintragungstermine bei den Verbänden. An diesen können Stuten frühestens mit drei Jahren teilnehmen. Der Zuchtverband beurteilt die Stute dann anhand der Merkmale der äußeren Erscheinung (Typ, Körperbau, Korrektheit des Ganges, Grundgangarten und Gesamteindruck).
- Die Zuchtbescheinigung muss bei Eintragung in ein Zuchtbuch vorgelegt werden. Die Zuchtbescheinigung ist eine von einem anerkannten Zuchtverband ausgestellte Urkunde über die Abstammung und Leistung eines Zuchtpferdes. Sie kann als Abstammungsnachweis oder als Geburtsbescheinigung ausgestellt werden – sofern die Eltern in das Zuchtbuch der Rasse eingetragen sind. Ohne Zuchtbescheinigung ist eine Eintragung nur bei einigen Rassen in die Besondere Abteilung des Zuchtbuches möglich. Bitte erkundigen Sie sich vorher bei Ihrem Zuchtverband.
- Wichtig bei der Auswahl des Hengstes ist, dass dessen Rasse in Anpaarung mit der Stute zugelassen ist. Züchter sollten auch beachten, ob der Hengst in das Zuchtbuch des Zuchtverbandes, bei dem auch die Stute geführt wird, eingetragen ist. Nur wenn der Hengst im Hengstbuch I des entsprechenden Verbandes steht, kann auch das Fohlen dort eingetragen werden.