Zuchtserie von PFERD+SPORT: Kontrolluntersuchungen, Futterbedarf und Gefahren

Die tragende Holsteiner Stute Utopia. (Foto: Holsteiner Pferdezucht Thiedemann, Stamm 2543)

PFERD+SPORT: Die Trächtigkeit der Stute wurde bestätigt. Wie oft müssen jetzt Kontrolluntersuchungen durch den Tierarzt stattfinden und wie lange ist sie tragend?

Pferdeklinik Bargteheide: Die Trächtigkeit der Stute beträgt circa elf Monate, also im Durchschnitt 336 Tage, wobei dieser Zeitraum zwischen 320 und 360 Tagen schwanken kann. Es kommt nicht selten vor, dass sich der Geburtstermin dabei um einige Tage oder  wenige Wochen hinauszögert.
Nachdem Ihr Tierarzt die Trächtigkeit Ihrer Stute bestätigt hat, was meist zwischen dem 14ten und 18ten Tag der Fall ist, gilt es dies im Verlauf der Frühträchtigkeit zu überprüfen. Diese Wiederholungsuntersuchungen erfolgen zwischen dem 28ten und 35ten Trächtigkeitstag und ein weiteres Mal um den 90ten Tag. Es ist bei Pferden zwingend notwendig eine Zwillingsträchtigkeit auszuschließen. Schon bei der ersten Trächtigkeitsuntersuchung kann hierzu eine Aussage getroffen werden. In dem Fall ist die Erfolgsaussicht des „Abdrückens“ einer Zwillingsfrucht am Größten, weil die Frucht innerhalb der Gebärmutter nur verklebt, aber noch nicht in die Plazenta implantiert ist. Sollte es dabei trotzdem zum Verlust beider Früchte kommen, kann der folgende Zyklus zur erneuten Besamung genutzt werden. Es ist allerdings auch bei erfahrenen Tierärzten nicht zu 100 Prozent sicher, dass jede Zwillingsträchtigkeit schon so früh ausgeschlossen werden kann. Aus diesem Grund bietet es sich an, zwischen dem 28ten und 35ten Tag nach der letzten Besamung eine Wiederholunguntersuchung durchführen zu lassen. Wichtig ist hierbei, dass eine Zwillingsträchtigkeit spätestens bis zum 36ten Tag ausgeschlossen wurde. Denn ab diesem Tag erfolgt die hormonelle Aufrechterhaltung der Trächtigkeit nicht mehr durch einen Gelbkörper des Eierstocks, sondern durch viele kleine sogenannte Hilfsgelbkörper in der Plazenta. Zu diesem Zeitpunkt nur eine der beiden Früchte abzuspritzen, ist sehr schwierig und führt letztendlich oft zum Verlust beider Früchte. Der nächste Zyklus zur erneuten Besamung startet durch das Vorhandensein der Hilfsgelbkörper erst wieder circa ab dem 120ten Tag nach der letzten Besamung. Sollte diese beispielsweise Ende April stattgefunden haben, kann theoretisch erst wieder Ende August erneut belegt werden und somit ist die komplette Zuchtsaison schnell verstrichen. Wann immer eine sichere Aussage zum Vorhandensein einer Zwillingsträchtigkeit nicht sicher getroffen werden kann, empfehlen sich Nachuntersuchungen in kurzen Abständen von jeweils zwei bis vier Tagen.

 

PFERD+SPORT: Kann und darf die Stute tragend noch geritten werden?

Pferdeklinik Bargteheide: Grundsätzlich kann und darf eine tragende Stute geritten werden. Jedoch kann durch Reiten Stress ausgelöst werden, der sich negativ auf die Aufnahme der Frucht und das Austragen des Fohlens auswirken kann. Es hängt also nicht zuletzt vom Gemüt der Stute ab, ob man ihr während der Trächtigkeit beispielsweise eine Turniersaison zumutet oder nicht. In den letzten drei Monaten der Trächtigkeit ist zusätzlich darauf zu achten, dass ab jetzt das Größenwachstum des Fohlens stark zunimmt und somit von einer erhöhten Belastung des Bewegungsapparates aber auch der Bauchmuskulatur und des Kreislaufes von Stute und Fohlen auszugehen ist. Deshalb sollte die Stute dann nicht mehr oder nur noch sehr dosiert geritten werden.
 

Pferd+Sport: Hat die Stute in der Zeit der Trächtigkeit einen erhöhten Futterbedarf? Sollte gegebenenfalls ein Zusatzfuttermittel verabreicht werden?

Pferdeklinik Bargteheide: Es bietet sich an, das Kraftfutter vor dem ersten Decktermin bis zu 20 Prozent zu steigern. In den ersten Wochen nach der Belegung sollte man die Energiezufuhr der Stute nicht mehr verändern, um einer Fruchtresorption vorzubeugen. Sollte die Stute ein Fohlen bei Fuß haben, ist darauf zu achten, dass der Energiebedarf für die Laktation reichlich gedeckt ist. Während der frühen Trächtigkeit ist das Wachstum des Fötus allerdings noch gering, wodurch eine einmal gut eingestellte Fütterung in diesem Stadium folglich unproblematisch ist. Grundlage sollte dabei ein hygienisch einwandfreies und hochwertiges Grundfutter sein. Der Bedarf an Energie und Nährstoffen steigt ab dem 200ten Trächtigkeitstag, also circa ab dem neunten Monat. Ab jetzt sollte darauf geachtet werden, die Energie und Rohproteine der Ration in Form von hochwertigem Heu und Kraftfutter allmählich zu steigern. Diese Steigerung sollte aber moderat und langsam erfolgen, da zu gut genährte Stuten zu Geburtsschwierigkeiten neigen können. Mangelernährung hingegen führt zu einer langsameren und schlechteren Entwicklung des Fohlens im Mutterleib und zu minderwertiger Milch während der Laktation. Gegen Ende der Trächtigkeit sollte der Stute Heu ad libitum, also so viel sie möchte, zur Verfügung stehen. Zusätzlich sollte der Ration je nach Bedarf (zum Beispiel bei einer normal großen Warmblutstute mindestens zwei Kilogramm pro Tag) Kraftfutter hinzugefügt werden. Zusätzliches Mineralfuttermittel kann eine wertvolle Ergänzung sein. Es sollte vor allem auf das Vorhandensein von Vitamin A (beta-Carotin), Vitamin E, Selen, Zink, Kupfer und auf ein gutes Calcium-Phosphor Verhältnis geachtet werden.


PFERD+SPORT: Welche Gefahren drohen während der Trächtigkeit?

Pferdeklinik Bargteheide: Als Abort oder auch Fehlgeburt genannt, bezeichnet man den Abgang eines toten beziehungsweise nicht lebensfähigen Fötus. Man unterscheidet dabei infektiöse und nicht infektiöse Abortursachen, die bei fünf bis  15 Prozent der Pferdepopulation auftreten. Solange nicht eindeutig geklärt ist, welche dieser beiden Ursachen vorliegen, wird es dringend angeraten, das komplette Abort-Material (also die Frucht selbst, das Fruchtwasser und die Nachgeburt) als potenziell infektiös anzusehen. Das bedeutet ein anderes Tier darf auf keinen Fall in direkten oder indirekten Kontakt damit kommen!

Häufigstes Beispiel für nicht infektiöse Ursachen sind Zwillingsträchtigkeiten, aber auch Nabelstrangtorsionen zählen dazu. Hierbei wickelt sich die Nabelschnur um den Fötus und die Blutversorgung wird unterbunden. Es gibt aber auch eine Reihe von Allgemeinerkrankungen der Stute, die einen Abort auslösen können: schwere Koliken, hohes Fieber, starke Unterernährung oder Tumore. Im letzten Drittel der Trächtigkeit besteht zudem ein erhöhtes Risiko des Auftretens einer Torsio uteri, also einer Gebärmutterdrehung, die beispielsweise durch Lageänderungen des ungeborenen Fohlens entstehen könnte.
Es gibt aber auch verschiedene Bakterien, Viren oder Pilze, die die Gebärmutter oder den Fötus infizieren können und so einen Trächtigkeitsabbruch oder den Tod der Frucht herbeiführen. Das gefährlichste Virus ist dabei das Equine Herpesvirus, das sich im gesamten Stall rasch verbreiten kann. Es führt meist im letzten Drittel der Trächtigkeit zum Tod und Abortieren des Fohlens. Häufige bakterielle Infektionen treten durch Streptococcus Equi, Escherischia coli oder verschiedene Leptospiren auf, die beispielsweise zu einer Plazentitis führen. Die Verhinderung dieser infektiösen Ursachen bedarf organisatorischer, hygienischer und impfprophylaktischer Maßnahmen. Zum Beispiel die räumliche Trennung von Zuchtstuten oder neu in den Bestand kommender Pferde. Eine gründliche gynäkologische Untersuchung der Stute vor der Aufnahme in die Zucht trägt dazu bei, nicht infektiöse Abortursachen zu minimieren. Sehr wichtig ist auch die Immunisierung, denn Herpes stellt nicht nur für Stuten und ihre ungeborenen Fohlen, sondern auch für alle anderen Pferde im Bestand eine Gefahr dar.

Eine weitere Ursache für Komplikationen in der Trächtigkeit ist der Bauchbruch. Hierbei können die Bauchmuskeln zerreißen oder abreißen. Selbst wenn es zum Abklingen der Schmerzen kommt, kann während der späteren Geburt die Bauchpresse teilweise oder komplett zum Erliegen kommen. Wesentlich seltener aber möglich ist eine Eihautwassersucht, wobei bis zu 200 Liter Fruchtwasser gebildet werden. Man vermutet fetale Missbildungen und Fehlfunktionen der Plazenta als mögliche Ursachen.

Diese Gefahren während der Tragzeit der Stute sollen allerdings nicht abschrecken, sondern vielmehr zu Vorsicht und Gründlichkeit auffordern. Im Vordergrund sollte bei der Zucht immer die Vorfreude und Spannung auf das nächste Fohlen stehen.

 

Das könnte Sie auch interessieren

COOKIE-Einstellungen

Unsere Website verwendet Cookies, die uns helfen, unsere Website zu verbessern, den bestmöglichen Service zu bieten und ein optimales Kundenerlebnis zu ermöglichen. Hier können Sie Ihre Einstellungen verwalten. Indem Sie auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihre Cookies für diesen Zweck verwendet werden.

Tools, die anonyme Daten über Website-Nutzung und -Funktionalität sammeln. Wir nutzen die Erkenntnisse, um unsere Produkte, Dienstleistungen und das Benutzererlebnis zu verbessern.

Tools, die wesentliche Services und Funktionen ermöglichen. Diese Option kann nicht abgelehnt werden.